Die Elementarteilchenphysik beschäftigt sich mit den kleinsten Bausteinen der
Materie und ihren Wechselwirkungen. Wir bezeichnen ein Teilchen als elementar,
wenn wir keine innere Struktur mehr feststellen können. Die alten Griechen
stellten als erste die Hypothese auf, dass es ein kleinstes, unteilbares
Teilchen, das Atom, gibt. Aus der damaligen Sicht war es elementar, doch heute
wissen wir, dass es eine innere Struktur hat. So haben sich im Laufe der Zeit
mit dem Fortschritt der Physik viele „Elementarteilchen`` angesammelt und
wir sind nicht sicher, ob unsere heutigen Elementarteilchen wirklich strukturlos
sind. Wir können nur sagen, dass im Rahmen unserer Messgenauigkeit (ca.
) keine Struktur feststellbar ist.
Früher wurden die Elementarteilchen in drei Klassen eingeteilt:
Heute unterscheiden wir die Elementarteilchen mit Hilfe der Quantenmechanik zunächst in Fermionen (halbzahliger Spin: 1/2, 3/2, 5/2 ...) und Bosonen (ganzzahliger Spin: 0, 1, 2 ...). Fermionen und Bosonen haben ihren Namen von der Fermi-Dirac- bzw. Bose-Einstein-Statistik, die jeweils für die Teilchen gilt.
Im Standardmodell der Elementarteilchenphysik werden die Neutrinos als masselose Teilchen
behandelt, d.h. wie das Photon sollten sie keine Ruhemasse besitzen und deshalb immer
Lichtgeschwindigkeit haben. Experimentell hat man jedoch (z.B. durch beobachtete
Neutrinooszillationen) festgestellt, dass Neutrinos eine endliche Masse besitzen, auch
wenn bisher lediglich obere Grenzen für die Massen angegeben werden können.
In dem seit 2018 laufenden Karlsruhe Tritium Neutrino Experiment (KATRIN)
soll bis voraussichtlich 2023 die Masse des Elektron-Neutrinos bestimmt werden. Am 14. Februar 2023
wurden bereits erste Resultate in einem Paper veröffentlich wonach sich die Masse der Neutrinos im
Bereich
befindet.
Wir wollen für diesen Versuch und die notwendigen Berechnungen annehmen, dass
Neutrinos masselos sind.
Bei masselosen Teilchen führt man die „Helizität`` (von
=
Schraube) ein, das ist die Projektion des (evtl. normierten) Spins auf
die Impulsrichtung. Für masselose Teilchen (die sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen) ist diese Projektion
eindeutig, da in jedem Bezugssystem die Impulsrichtung eindeutig festgelegt ist (bei massiven Teilchen mit
könnte man durch geeignete Wahl des Bezugssystems die Impulsrichtung umkehren). Somit können wir den
Neutrinos, ebenso wie dem Photon zwei Helizitätszustände zuschreiben, nämlich
und
. Man nennt
Teilchen mit Helizität
rechtshändig und mit
linkshändig.
Da die schwache Wechselwirkung (die einzige, an der Neutrinos teilnehmen) nur auf linkshändige Fermionen (rechtshändige Antifermionen) wirkt, sind nur linkshändige Neutrinos (rechtshändige Antineutrinos) nachweisbar. Dies heißt, dass durch die einseitige Helizität der Neutrinos die Paritätserhaltung (Identität unter Raumspiegelung) „maximal`` verletzt wird.
Man kann sich das Neutron und das Proton auch als zwei mögliche (Isospin-)Zustände eines
Nukleons vorstellen, d.h. ohne die elektromagnetische Wechselwirkung würden
beide Zustände „entarten``, d.h. nicht mehr voneinander zu
unterscheiden sein. Damit ist insbesondere die Massendifferenz zwischen
Proton und Neutron auf die elektromagnetische Wechselwirkung zurückgeführt.
Besonders wichtig ist, dass die starke Wechselwirkung nicht zwischen Neutron und Proton
unterscheidet.
In Analogie zum Drehimpuls eines Elektronenpaares in der Atomphysik, dessen dritte Komponenten
(„magnetische Quantenzahl``)
beim Anlegen eines Magnetfeldes
aufspalten (Zeeman-Effekt), führt man nun den starken
Isospin ein,
der sich
mathematisch genau so behandeln lässt wie der Drehimpuls. Analog zur
Atomphysik gilt:
Ebenso wie beim Elektron hat man festgestellt, dass das up- und das down-Quark noch schwerere Verwandte haben, nämlich das strange-Quark s, das charm-Quark c, das bottom-Quark b und das top-Quark t und dafür weitere Quantenzahlen eingeführt (Siehe Tabelle. 1.2). Diese unterschiedlichen Quarkarten werden als „flavour`` bezeichnet.
Ferner existieren zu jedem dieser Quarks noch die dazugehörigen Antiquarks, die entgegengesetzte Ladung und Quantenzahlen, aber die gleiche Masse haben.
Aus diesen Quarks lässt sich eine Unmenge weiterer Baryonen herstellen, die jedoch nach
unterschiedlich langer Zeit wieder zerfallen. Bei diesen Zerfällen bleibt die Baryonenzahl
(analog zur Leptonenzahl, aus Quarks bestehende Baryonen haben die Baryonenzahl +1 aus Antiquarks
bestehende -1) erhalten. Am Ende aller Zerfälle steht das leichteste Baryon, das Proton.
Die experimentelle untere Schranke für die Protonlebensdauer beträgt ca. Jahre.
Unsere Existenz verdanken wir unter Umständen der Tatsache, dass das Proton doch nicht ganz stabil ist,
denn dadurch wäre evtl. das Materie-Antimaterie Ungleichgewicht zu erklären (Siehe Klapdor,
Kapitel 4).
Baryonen sind ebenfalls Fermionen, da ihr Spin sich aus dem der drei Quarks zusammensetzt, d.h. Spin 3/2 bei parallel ausgerichteten Quarkspins und Spin 1/2 sonst.
Um das Ganze überschaubar zu halten, betrachten wir einmal nur die Baryonen,
die aus den Quarks ,
und
zusammengesetzt sind und den Spin
haben:
Uns fällt aber etwas auf: sowohl das genannte Teilchen
als auch das
enthalten drei identische Quarks, deren Spins
parallel stehen und sich zum Gesamtspin 3/2 des Baryons addieren. Die
Gesamtwellenfunktion ist symmetrisch. Für ein normales Fermion
müsste sie aber antisymmetrisch sein.
Wenn jedoch das Pauli-Prinzip seine Gültigkeit behalten soll, müssen gleiche Quarks unterscheidbar sein. Man ordnet deshalb jedem Quark eine neue Quantenzahl, genannt Farbe (rot, grün oder blau), zu. Diese Farbladung ist für die starke Wechselwirkung ausschlaggebend. Die drei Quarks in einem Baryon müssen also drei unterschiedliche Farbladungen haben, damit das Baryon als ganzes farbneutral (weiß) ist (analog zur additiven Farbmischung), d.h. auf große Entfernungen nimmt es nicht an der starken Wechselwirkung teil. Erst auf kurze Entfernungen wirken sich die Farbladungskonzentrationen aus (ähnlich wie bei einem elektrischem Dipol), weil dort die Abschirmung ungenügend ist (vgl. Van-der-Waals-Kräfte in der Chemie). Dies ist die Erklärung für die kurze Reichweite der „Kernkräfte``.
Es ist auch möglich (bei diesem Versuch sogar weitaus häufiger), dass sich aus einem Quark und einem Antiquark ein farbneutrales Meson bildet. Mesonen sind Bosonen, denn der Spin von zwei Quarks addiert sich entweder zu 1 oder zu 0. Ursprünglich wurden diese Mesonen für die Austauschteilchen der starken Wechselwirkung gehalten.
Wenn Sie genaueres (Quantenzahlen, Lebensdauer, Zerfallskanäle) über die verschiedenen Fermionen wissen wollen, dann werfen Sie einmal einen Blick in das Particle Data Book.
Das Particle Data Book erscheint alle zwei Jahre und enthält praktisch alle verfügbaren Informationen zu Elementarteilchen und Mesonen bzw. Baryonen. So sind dort z.B. die Quantenzahlen, Massen, Ladungen und Zerfallsbreiten der einzelnen Teilchen angegeben, wobei letztere noch einmal in die prozentualen Beiträge der einzelnen Zerfallskanäle aufgeteilt sind. Im Particle Data Book finden Sie auch die für die Auswertung benötigten Literaturwerte.
Der Japaner Yukawa machte den Ansatz, dass die Reichweite des Potentials mit der Masse des ausgetauschten Feldquants verknüpft ist:
FürEine entscheidende Rolle für die moderne Teilchenphysik spielen die lokalen Eichtheorien, in denen die Grundgleichungen des Systems invariant gegenüber lokalen Phasentransformationen der Felder sind. In solchen Theorien diktieren die Invarianzeigenschaften die Form der Austauschkräfte, beschreiben also die jeweiligen Austauschteilchen (Eichbosonen). Von diesen Eichbosonen handeln die nachfolgenden Abschnitte (Siehe auch Bethge/Schröder Kapitel 5).
Bei den in diesem Versuch behandelten -Zerfällen entsteht oft im ersten Schritt ein
Quark-Antiquark-Paar, welches mit großem Impuls auseinanderfliegt.
Dadurch wird die Kraft zwischen den Quarks sehr groß.
In dem QCD-Feld zwischen den Quarks entstehen aus der hohen
Feldenergie weitere Quark-Antiquarkpaare.
Auf diese wirkt sofort wieder die starke Farbkraft.
Dieser Prozess setzt sich so lange fort, bis klein genug
geworden ist.
Aus den Quarks bilden sich farbneutrale Hadronen.
Diese Teilchen fliegen ungefähr in dieselbe Richtung wie die
ursprünglichen Quarks. Es bilden sich zwei Bündel von Teilchen
(Jets) heraus. Dieser Prozess wird Fragmentation genannt
und ist in Abb. 1.1 schematisch dargestellt.
Neben den Erhaltungsgrößen (Energie, Impuls, Ladung, Baryonen- und Leptonenzahl) lässt die starke Wechselwirkung die Quantenzahlen für die verschiedenen Quarkflavors (strangeness, charm, bottom, top) und den Isospin (Nukleon-Zustände) unverändert. Außerdem verhält sie sich invariant gegenüber Raumspiegelung (Parität), Ladungskonjugation, d.h. Vertauschung von Teilchen und Antiteilchen (Charge) und Zeitumkehr (T).
Die QuantenElektroDynamik ist eine Eichtheorie, die die Wechselwirkungen zwischen geladenen Teilchen auf den Austausch von Photonen zurückführt. Auf diese Eichinvarianz der QED wird z.B. in Bethge/Schröder Kapitel 5 eingegangen. Auch die elektromagnetische Wechselwirkung erhält die Quarkflavors und ist invariant gegenüber C-, P- und T-Transformationen.
Für die dimensionslose elektromagnetische Kopplungskonstante gilt (bei niedrigen Energien):
Bei großen Energien bleibt die elektromagnetische Kopplungskonstante aber nicht konstant, sondern nimmt mit
wachsender Energie zu (siehe
QED-running).
So ergibt sich für :
Dass die Gravitation in unserem täglichen Leben jedoch eine so entscheidende Rolle spielt, liegt daran, dass es keine negativen Massen gibt. Im Gegensatz zum Proton eines Wasserstoffatoms, dessen elektromagnetische Wirkung durch das Elektron weitgehend abgeschirmt wird, ist dies bei der Gravitation nicht möglich, so dass sich die Gravitationskräfte aller Teilchen aufsummieren.
Auf der Suche nach einer Eichtheorie für die schwache Wechselwirkung wählte man die -Symmetrie,
was zu der Einführung von drei Eichbosonen
und
führte.
Die kurze Reichweite der schwachen Wechselwirkung deutete (nach (1.3)) auf Bosonen mit Ruhemassen
von ca. 80 GeV hin.
Statt der elektromagnetischen Wechselwirkung führt man eine weitere Wechselwirkung ein, die mit einer
Symmetrie U(1) und einem Feldteilchen
assoziiert ist. Das
koppelt an alle bisher bekannten
elementaren Fermionen, die W-Bosonen koppeln hingegen nur an die linkshändigen Fermionenpaare:
In der ursprünglichen Formulierung dieser Theorie sind die Eichbosonen und Fermionen alle masselos. Das Problem war daher, die Theorie so umzuformulieren, dass drei der vier Teilchen eine Masse besitzen, ohne dass die sonstigen Eigenschaften der ursprünglichen Theorie zerstört werden. Dies geschieht mit dem sogenannten Higgs-Kibble-Mechanismus, der auch unter dem Schlagwort spontane Symmetriebrechung bekannt ist. Er beschreibt, wie eine Symmetrie der Naturgesetze für unsere unmittelbaren Beobachtungen verborgen bleiben kann. (Sein Verständnis ist für diesen Versuch nicht essentiell, aber sehr interessant und nachzulesen in Bethge/Schröder, Kapitel 18. Siehe auch Anhang H).
Dieser Mechanismus führte zur Vorhersage eines weiteren neutralen
massiven Teilchens mit Spin = 0, dem Higgs-Boson. 2012 wurde im LHC
(Large Hadron Collider) am CERN ein neues Teilchen mit einer Ruhemasse von GeV nachgewiesen
welches mit den theoretische Voraussagen für das Higgs-Boson übereinstimmte.
Nachdem man die riesige Menge an Daten ausgewertet hatte konnte man mit sehr großer Wahrscheinlichkeit
davon ausgehen dass es sich bei dem neuen nachgewiesenen
Teilchen um das Higgs-Boson handelt. 2013 wurde deshahalb auch der Nobelpreis für Physik an
die beiden Physiker François Englert und Peter Higgs für die theoretische Entwicklung des
Higgs-Mechanismus vergeben.
Das Higgs-Boson hat eine mittlere Lebensdauer von
und ist ein weiteres Elementarteilchen
des Standardmodells. Es wird durch die Wechselwirkung von Materie mit dem Higgs-Feld erzeugt und spielt
somit eine wichtige Rolle bei dem Higgs-Mechanismus.
Die elektroschwache Theorie, die wir mit der Symmetriegruppe
assoziieren, beschreibt
alle bisher beobachteten Prozesse (wenn wir die Fermionenmassen vernachlässigen) mit nur 3 Parametern (dies
gilt in niedrigster Ordnung Störungstheorie, in höherer Ordnung gibt es eine endliche Anzahl weiterer
Parameter):
Alle weiteren Größen können durch diese Parameter ausgedrückt werden.
So ist z.B. der Weinbergwinkel mit den Parametern wie folgt verknüpft
Eine gängige Theorie für diese Effekte ist die SUperSYmmetrie. Sie besagt, dass es zu jedem Fermion ein entsprechendes Boson mit - bis auf den Spin - gleichen Eigenschaften gibt und ebenso zu jedem Boson ein Fermion. Jedoch muss auch die Supersymmetrie gebrochen sein, d.h., dass die SUSY-Teilchen zum Teil wesentlich größere Massen haben, als die Standardmodell-Teilchen, denn sonst hätte man schon solche Teilchen finden müssen. Außerdem sagt die Theorie noch weitere Higgs-Bosonen voraus. Der experimentelle Nachweis von weiteren Higgs-Bosonen und SUSY-Teilchen (wenn es sie gibt) sind die großen Aufgaben der kommenden Jahre.
Die Teilchenphysik ist also ein Gebiet, auf dem es noch viel zu tun gibt. Packen Sie's an!